Hallo, ich bin Ahmad Al-Ani und zurzeit wohne ich in Münster. Ich habe meinen zweiten Bachelor in Sozialer Arbeit abgeschlossen und setze aktuell mein Masterstudium an der Universität Osnabrück im Fach Internationale Migration und Interkulturelle Beziehungen fort.
Wie bist du zur COP28 gekommen?
Durch die Universitätsseminare habe ich bewusst oft das Thema klimawandelbedingte Migration beziehungsweise menschliche Mobilität gewählt. Aufgrund meines Themenschwerpunkts hatte ich die Möglichkeit, durch das Begabtenförderungswerk des Evangelischen Studienwerkes Villigst an den Verhandlungssträngen bei der Weltklimakonferenz teilzunehmen.
Wie war es? Was konntest du auf der Konferenz machen?
Man kann sich vorstellen, wie alle Länder ihre eigene Meinung und Ansprüche einbrachten. Alles in allem finde ich, dass Fortschritte erzielt wurden, besonders für die wohlhabenden Länder, allerdings war das für die kleinen Inselstaaten nicht der Fall.
Ich hatte die Gelegenheit auf der Konferenz meine Forschung zum Thema klimawandelbedingte Migration durch Interviews und einige Fragen an Politiker*innen und Expert*innen zu vertiefen. Mein Ziel war es, die Verbindung zwischen menschlicher Mobilität und dem Fonds für Verluste und Schäden zu erforschen, sowie herauszufinden, wie Wissen über Migration im Kontext der COP28 entstanden ist. Ich habe sieben Interviews geführt und Kontakt zu verschiedenen Akteuren hergestellt. Zu meinen grundlegenden Aufgaben gehörte auch das Verfolgen von Pressekonferenzen.
Wie war die Stimmung, wie hat es dir gefallen?
Die Stimmung war entspannt, besonders in den letzten beiden Tagen. Ich habe bisher zweimal an der Klimaweltkonferenz teilgenommen, letztes Jahr an der COP27. Ich finde, die COP28 war sehr gut organisiert. Inhaltlich hatte ich mehr erwartet, insbesondere zum Thema der Weltbank als Fondsbesitzer und das Thema Loss & Damage wurde schnell abgefrühstückt.
In Deutschland wurde während der Konferenz viel über die Rolle Deutschlands, aber auch der Vereinigten Arabischen Emirate (VEA) als Gastgeber der COP28 diskutiert. Wie hast du diese Diskussion vor Ort mitbekommen und die Rolle der beiden Länder wahrgenommen?
Am ersten Tag der COP28 wurde eine bedeutende Vereinbarung getroffen. Die Vereinbarung beinhaltet die Schaffung eines Fonds, der dazu dient, die ärmsten und verwundbarsten Länder der Welt bei der Bewältigung der Auswirkungen von Klimakatastrophen zu unterstützen. Wenn wir allerdings über Klimagerechtigkeit sprechen, heißt das selbstverständlich, dass die Industrieländer die vulnerablen Länder unterstützen müssen. Das Gastgeberland (VEA), und Deutschland haben beide zugesagt, jeweils 100 Millionen US-Dollar zur Unterstützung dieses Fonds beizutragen. Bislang wurden 429 Millionen US-Dollar gesammelt, was von Klimaexpert*innen als zu wenig kritisiert wird: Ihrer Einschätzung nach übersteigt der Verlust und Schaden in Entwicklungsländern bereits jährlich 400 Milliarden US-Dollar.
Ich denke, dass es ein positiver Schritt ist, wenn ein Land wie die VAE die Klimaweltkonferenz organisiert und darüber diskutiert, um das Thema fossile Brennstoffe kritisch und kontrovers zu betrachten. In meinen Augen schien es ein manipulativer politischer Schachzug der wohlhabenden Länder zu sein, das Thema fossiler Brennstoffe als Plattform zu nutzen und stark in den Medien zu platzieren, um von ihrer Verantwortung in Bezug auf Anpassungsmaßnahmen und den Fonds für Verluste und Schäden abzulenken. Die Verhandlungsakteur*innen wissen sehr gut, dass es schwierig ist, den Einsatz fossiler Energien kurzfristig zu minimieren oder komplett zu reduzieren. Das ist einfach nicht realistisch.
Was denkst du über das Ergebnis der Konferenz?
Ich denke, dass das Ergebnis überhaupt nicht ausreicht; jedoch verstehe ich diese skeptischen Schritte. Man kann nicht einfach die kapitalistische und wirtschaftliche Macht rekonstruieren, ohne Ungleichheiten zu berücksichtigen. Wir stehen derzeit und in der Zukunft zwischen der Macht des Klimawandels und der Macht des Kapitals.
Welchen Beitrag kann die Abschlusserklärung im internationalen Kampf gegen den Klimawandel leisten?
Ich würde die Frage gerne auf den nötigen lokalen Einsatz umdeuten: Wir haben eine Wissenslücke auf gesellschaftlicher Ebene. Der Klimawandel und seine Komplexitäten werden immer noch nicht als gesellschaftliche Probleme erkannt. Es bedarf in jeder Stadt eines Forschungsinstituts mit interdisziplinären Ansätzen für den Klimawandel. Das Thema ist noch nicht ausreichend in der Gesellschaft angekommen.